Graugrüne Beläge und klebende Stimmzungen – auch Mundharmonikas brauchen Pflege

Mundharmonikas sind sehr zuverlässige und wartungs­arme Musikinstrumente. Aber wie bei allen Dingen die wir benutzen, werden auch sie mit der Zeit nicht besser. Wer seine Bluesharp häufig spielt wird nach 1-2 Jahren bemerken, dass sich an den Kanten der Deckel und am Rand der Kanzellen graugrüne Beläge bilden. Diese Beläge sind sicherlich harmlos und haben noch keinem Bluesharper geschadet. Aber unästhetisch ist es schon. Vielleicht beginnen die Stimmzungen zu „kleben“. Dann ist der Punkt erreicht an dem die Mundharmonika Pflege und Wartung braucht.

Beläge am Schalldeckel von Mundharmonika

Ablagerungen am Übergang Schalldeckel zum Kanzellenkörper einer Mundharmonika

Derartige Beläge entstehen durch Speichel- , Speise- und Getränkereste die wir mit dem Spielen in die Harmonika eintragen. Auch durch das Aus­klopfen der Harp nach dem Spielen ist dies nicht ganz zu verhindern. Diese Ablagerungen sind nicht nur unästhetisch sondern behindern langfristig auch die Funktion unseres „ Goschehobels“.

Nahaufnahme von Kanälen einer Mundharmonika mit Belägen

Detailansicht des Kanzellenkörpers einer Bluesharp mit deutlichen Ablagerungen.

Die Rück­stände lagern sich auch auf den Stimmplatten und in den Spalten zwischen Stimmzunge und Stimmplatte ab. Da dieser Spalt nur 0,05 mm beträgt, kann man sich leicht vorstellen, dass diese schmalen Spalte langsam zuwachsen. Der Spieler bemerkt zuerst, dass häufig verwendete Töne nur zögerlich ansprechen und das Problem nicht mehr auftritt, wenn die Mundharmonika warm gespielt (= feucht) ist.

Demontierte Mundharmonika vor der Reinigung

Mundharmonika mit demontierten Deckel vor der Reinigung

Irgendwann kommt dann der Tag, an dem einzelne Stimmzungen sich nicht mehr spielen lassen. Oder es passiert, dass sich Ablagerungen lösen und spontan eine Stimmzunge blockieren. Man kann durch starkes wieder­holtes Blasen und Ziehen versuchen die betroffenen Stimmzunge wieder frei zu bekommen. Besonders hartes Anblasen der Mundharmonika empfiehlt sich dabei nicht. Denn dabei können sich die Stimmzungen der betroffenen Kanzelle durch den hohen Spieldruck verbiegen oder über die Bruch­grenze des Stimmzungenmaterials gebogen werden. Was in der Folge zu einem Stimm­zungenbruch führt. Man kann in dann im Laufe der Zeit ein kontinuier­liches Absinken der Tönhöhe der betroffenen Stimmzunge beobachten. Spätestens dann braucht man eine neue Bluesharp. Oder man umgeht das Problem frühzeitig durch Wartung der Mundharmonika.

Stimmplatten und Kanzellenkörper einer Bluesharp vor der Reinigung

Mundharmonika mit demontierten Stimmplatten vor der Reinigung

Die Reinigung einer Mundharmonika wird am Besten in zerlegtem Zustand durchgeführt. Die hier beschriebene Reinigung darf nur bei wasser­beständigen Kanzellenkörpern durchgeführt werden. Die aus Birnbaumholz gefertigten Kanzellenkörper älterer Mund­harmonikas vertragen kein Wasser. Die Reinigung kann unter fließendem Wasser mit einer Zahnbürste erfolgen. Besser funktioniert die Reinigung jedoch mit einem kleinen Ultraschall­bad. Die Teile kommen in den Korb und dann für 3 Minuten ins Ultraschallbad. Danach werden die Teile mit frischem Wasser gespült, das Wasser abgeklopft, und mit einem Tuch getrocknet.

Gereinigte Teile einer Bluesharp

Teile einer Mundharmonika nach der Reinigung

Stimmen und Zusammenbau der Mundharmonika

Vor dem Stimmen werden alle Stimmzungen „geplingt“. Man hebt dabei die Stimmzungen mit einem Lösblättchen an und lässt sie in die Ausgangsposition zurück schnellen. Dabei hört man, ob die Stimmzungen frei schwingen. Eventuell muss mit einer feinen Fühllehre der Stimmschlitz nachgereinigt werden. Nach diesem Schritt kann der Lösabstand der Stimmzungen bei Bedarf justiert werden. Anschließend wird gestimmt und zusammengebaut. Vor der Montage der Stimmdeckel kann man zur Sicherheit alle Töne anspielen um die volle Funktion der Mundharmonika zu prüfen.

Was bringt der Wartungsaufwand

Um das Potential durch Wartung der Mundharmonika mit einem Beispiel zu illustrieren. Ich habe eine mittlerweile 8 Jahre alte Crossharp, die ich die ganzen Jahre über beim Unterricht und in Workshops verwende. Um die Mundharmonika spielbereit zu erhalten, wird sie mindestens ein Mal pro Jahr gereinigt und gestimmt. Den Stimmzungen sieht man das häufige Nachstimmen schon deutlich an. Tut aber der Funktion der Harp keinen Abbruch. Sie ist heute noch so gut wie am ersten Tag.

Die Wartung von Mundharmonikas macht auch aus anderen Gründen Sinn. So hat jede Mundharmonika ein Einspielphase, in der sich die Stimmung noch etwas verändern kann. Bei der ersten Wartung stelle ich auch die Lösabstände noch auf meine Bedürfnisse ein. Nach der ersten Wartung mit Stimmen hat man daher ein Instrument, welches besser als out-of-the-box ist. Dazu kommt noch ein Erfahrungswert. Hat eine Mundhar­monika die ersten Jahre ohne Bruch einer Stimmzunge überstanden, wird auch weiterhin kein Stimmbruch eintreten. Der einzige Grund eine solche Harp außer Dienst zu stellen ist, dass nach sehr langer Benutzungsdauer der Klang und die Lautstärke der Mundharmonika durch Alterung und Ermüdung des Materials der Stimmzungen nachlassen.

Hinweis

Die Wartung einer Mundharmonika ist nicht schwierig. Jedoch sollte man das passende Werkzeug, genügend Zeit und Geduld mitbringen. Mehr Informationen gibt es auf der Website der Firma Seydel. Dort gibt es Videos zu den verschiedensten Wartungsthemen. Auch die Firma Hohner bietet auf ihrer Website umfangreiche Informationen zu Wartung und Pflege von Mundharmonikas an.

Wer Interesse an der Wartung und dem Stimmen von Mundharmonikas hat, kann dies gerne persönlich bei im Rahmen von Unterricht erlernen.

Weitere Hinweise des Autors

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich keine Haftung für Versuche zur Wartung, Stimmen und Ähnlichem an Mundharmonikas übernehme, die auf Grundlage meiner Darstellung von Lesern unternommen werden. Instrumente in der Garantiezeit sollte man zu lassen, da man mit dem Öffnen zumeist die Garantie verliert. Ich hafte nicht für Fehler in meiner Darstellung. Die Label Hohner und Seydel sind geschützte Marken. Alle hier gezeigten Fotos wurden durch Michel Heid erstellt.